Veranstaltungen im Rahmen von Wir in Wiesbaden
Jens Balzer – After woke
Lesung und Gespräch im Kesselhaus
Als nach dem 7. Oktober 2023 die Bilder von dem Massaker der islamofaschistischen Terrorgruppe Hamas in Israel um die Welt gehen, lassen viele, die sich sonst besonders sensibel, „woke“ und „aware“ geben, jegliches Mitgefühl gegenüber jüdischen Opfern vermissen und offenbaren damit eine intellektuelle Verirrung, wenn nicht gar ihren moralischen Bankrott. Ist es also an der Zeit, sich von jeder Art von „Wokeness“ zu verabschieden? Oder gilt es nicht vielmehr, sich auf die ursprünglichen Impulse der „woken“ Moralphilosophie, der postkolonialen und queerfeministischen Theorien zu besinnen?
Letzteres hieße, Solidarität zu üben mit einem Denken, das, wie Jens Balzer in seinem jüngsten Buch „After Woke“ eindrücklich nachweist, heute mehr denn je Gegenentwurf sein könnte zu den Ideologien des Identitären, die gerade drohen, die Herrschaft über die Welt zu übernehmen.
Balzer liest am heutigen Abend aus seinem unlängst bei Matthes & Seitz erschienenen Buch und skizziert ein Denken, dass sich das Ambivalente, das Hybride, den steten Wandel zu eigen macht, Intersektionalität als Grundlage kritischen Denkens und der Infragestellung der Verhältnisse – und ihrer Gemachtheit – beibehält, ohne auf die Scholle oder gar in einen Krieg aller gegen alle zu führen.
Judenhass Underground – Antisemitismus in emanzipatorischen Subkulturen und Bewegungen
Stefan Lauer und Nicholas Potter haben mit „Judenhass Underground – Antisemitismus in emanzipatorischen Subkulturen und Bewegungen “ ein an Aktualität kaum zu überbietendes Buch veröffentlicht, in dem sie Beiträge von Timo Büchner, Riv Elinson, Ruben Gerczikow, Max Kirstein, Stefan Lauer, Nikolas Lelle, Konstantin Nowotny, Monty Ott, Annica Peter, Nicholas Potter, Jan Riebe, Merle Stöver, Anastasia Tikhomirova, Tom Uhlig und Lilly Wolter versammeln, sowie Interviews mit Laura Cazés, Rosa Jellinek, Leon Kahane, Lutz Leichsenring, Luisa Neubauer, Shahrzad Eden Osterer, Massimo Perinelli, Ben Salomo, Yaron Trax und Hengameh Yaghoobifarah. Heute stellen sie es bei uns vor.
Denn, natürlich, niemand will Antisemit sein. Erst recht nicht in Subkulturen und Bewegungen mit einem progressiven, emanzipatorischen Selbstbild. Judenhass geht aber auch underground – ob Rapper gegen Rothschilds, DJs for Palestine oder Punks Against Apartheid. BDS, die Boykottkampagne gegen den jüdischen Staat, will nahezu jedes Anliegen kapern, von Klassenkampf bis Klimagerechtigkeit. Altbekannte Mythen tauchen in alternativer Form wieder auf, bei Pride-Demos, auf der documenta oder beim Gedenken an den Terror von Hanau. Und viele Jüdinnen*Juden fragen sich, wo ihr Platz in solchen Szenen sein soll.
Eine Anklage mit anschließender Diskussion. Kritisch, aber konstruktiv. Und vor allem solidarisch.