2018

Anne Frank – eine Geschichte für heute

Anne Frank – eine Geschichte für heute

Seit dem Jahr 2008 existiert in Wiesbaden ein Trägerkreis von vielen unterschiedlichen Organisationen und Einzelpersonen insbesondere aus dem kulturellen und sozialen Bereich, der sich bewusst für die Anerkennung von Vielfalt in Wiesbaden einsetzt. Hierfür wird seit 2009 in jedem Jahr eine Veranstaltungsreihe entwickelt und umgesetzt, die zum Nachdenken anregen und für echte Begegnung zwischen Wiesbadener Bürger*innen sorgen möchte.

„WIR in Wiesbaden“ lädt dazu ein, die Stadt mitzugestalten und Teilhabe zu fördern.

Vor zehn Jahren hieß die erste Reihe „Anne Frank – eine Geschichte für heute“. Zum Jubiläum möchten wir die Auseinandersetzung mit der Geschichte von Anne Frank erneut sensibel und zeitgemäß präsentieren.

Es ist uns wichtig, vor allem junge Menschen auf eine angemessene Art anzusprechen. Wir möchten ihnen diverse Möglichkeiten bieten, (Annes) Geschichte für sich zu entdecken, sich ihr in ihrem Tempo und nach eigenem Interesse zu nähern und ihre Bedeutung für unser heutiges Zusammenleben zu erkennen.

Rund um die Wanderausstellung „Deine Anne. Ein Mädchen schreibt Geschichte“ werden  Veranstaltungen angeboten, welche die Chance geben, an verschiedenen Orten und in unterschiedlichen Formen über Antisemitismus, Rassismus und Diskriminierung sowie die Bedeutung von Freiheit, Gleichberechtigung und Demokratie nachzudenken. 

„WIR in Wiesbaden“ lädt dazu ein, konkret zu überlegen, wie wir in Wiesbaden zusammenleben möchten. 

Wir danken den diesjährigen Förderern sehr herzlich: dem Kulturamt, dem Amt für Zuwanderung und Integration und „Demokratie leben in Wiesbaden“. 

Der Trägerkreis „WIR in Wiesbaden“ wünscht gute Anregungen und eine ereignisreiche Zeit mit diesem einzigartig facettenreichen Programm.

Wir freuen uns auf Sie, Dich und Euch. 

Anne Frank – eine Geschichte für heute2020-05-29T14:33:24+02:00

Rückenwind

Rückenwind

Als Zeichen der direkten Solidarität der BürgerInnen der Stadt Wiesbaden mit den Geflüchteten und als Ausdrucksbekundung ihres Willens, die Geflüchteten in unserer Gesellschaft persönlich willkommen zu heißen, werden Fahrräder, Geld und Sachspenden an die Initiative Rückenwind, Fahrräder für Flüchtlinge in Wiesbaden übergeben.

Rückenwind gibt diese Fahrräder und Spenden an die EmpfängerInnen weiter. Das Projekt hilft damit BewohnerInnen der Wiesbadener Flüchtlingsunterkünfte, in ihrer neuen Heimatstadt mobil zu sein und sich die Stadt selbstbestimmt zu erschließen. Die Angekommenen können so einfacher am sozialen und kulturellen Leben der Stadt Wiesbaden teilnehmen und damit Teil der demokratischen Gesellschaft werden.

Zu unserem Projekt „Rückenwind in Wiesbaden“ gehört:

  • die Vermittlung von gespendeten Fahrrädern an Geflüchtete: Bei uns wird jedes gespendete Fahrrad technisch und auf Verkehrssicherheit überprüft. Falls nötig, finden Reparaturen statt. Unterstützt durch den Flüchtlingsrat und andere Stellen, die mit den Geflüchteten zu tun haben, werden die Räder dann direkt und kostenlos an die BewohnerInnen der Flüchtlingsunterkünfte übergeben.
  • Reparatur-Termine für alle, die Hilfe dabei gebrauchen können: Zweimal im Monat können Geflüchtete und alle anderen Menschen, die Hilfe bei Reparaturen benötigen, zu einem der Wiesbadener Repair-Cafès kommen – zum Reparieren, sich Kennenlernen und Zusammensitzen.
  • FahranfängerInnenkurs für Geflüchtete: Manche Frauen, die nach Deutschland kommen, hatten nie die Gelegenheit, Fahrradfahren zu lernen. Deswegen bieten wir einen Mobilitätskurs mit einem erfahren Lehrer des ADFC an.
  • Verkehrssicherheitstraining für Geflüchtete: Wer neu nach Deutschland kommt und hier Fahrradfahren möchte, ist von der Verkehrssituation vielleicht überfordert und kennt wichtige  Verkehrsregeln nicht. Deswegen planen wir mit dem Verkehrschule Wiesbaden entsprechende Kurse, die sichere Verkehrsteilnahme und Regeln zu vermitteln.
  • Fahrradtouren für alle: Gemeinsam mit Geflüchteten und allen anderen, die Lust dazu haben, wollen wir Fahrradausflüge oder Touren anbieten.

Wir wollen nach Wiesbaden geflüchteten Menschen eine Portion Rückenwind geben, um Teil unserer Gesellschaft werden zu können. Eine Geste der Solidarität.

Das Projekt besteht aus vier Bausteinen:

  1. Aufbau, Ausrüstung und Betrieb der Infrastruktur der Reparaturwerkstatt der Initiative Rückenwind in Biebrich
  2. Reparatur, Verkehrssicherheitsertüchtigung und Abgabe der eingegangenen Spendenfahrräder
  3. Durchführung von Verkehrsicherheitstrainings
  4. Durchführung von Ausflügen

In der bisher kurzen Anlaufzeit der Initiative Juli bis September sind bereits ohne die in der Breite bekannt gegebenen Annahmestrukturen oder weit gestreute Aufrufe nach Spendenrädern ca. 80 Fahrräder bei Rückenwind eingegangen. Davon etwa 20 Kinder- und Jugendlichenräder.

In der Projektlaufzeit werden bei dann anzunehmendem höheren Bekanntheitsgrad der Initiative voraussichtlich 100 bis 150 Fahrradspenden eingehen und nach STVO ertüchtigt werden müssen.

Rückenwind2020-05-29T13:52:30+02:00

Schreibwerkstatt

Schreibwerkstatt

​​Ein halbes Jahr lang hat sich der Wiesbadener Schauspieler Armin Nufer mit einer Gruppe Migrant*innen getroffen, um im Rahmen einer Schreibwerkstatt Texte zu verfassen. In der Wiesbadener Mediathek sprach die Gruppe über ihre biographischen Erfahrungen, aber auch über Textarten und -formen, Poesie und Prosa, über Sprache allgemein. Der Abschluss dieses Projektes waren jetzt zwei Abende im Literaturhaus sowie in der Werkstatt „Godot“ im Westend, an dem sechs Teilnehmer*innen ihre Texte präsentierten. Zusätzlich wurde eine schön gestaltete Broschüre mit allen Texten und Fotos gedruckt und an diesen Abenden verteilt. „Gedankenball“ war der Abend betitelt. „Die Arbeit an den Texten war wunderschön, aufreibend, beglückend und oft eine organisatorische Herausforderung“, schreibt Armin Nufer in seinem Vorwort. „Alle Autorinnen und Autoren haben während unserer Gespräche sehr inspirierende Gedanken und Ideen aufgeworfen.“ Davon konnte sich das Publikum an diesem Abend überzeugen: Die „Gedankenbälle“ spielten sich die Autor*innen munter zu. Dabei war das Themenspektrum sehr breit: Ob der junge Ibrahima Barry aus Guinea über zwei Lügner schrieb, die sich gegenseitig austricksen, ob die Eritreerin Nora Naser über einen Garten fantasiert, in dem sie mit Äpfeln und Birnen am Baum sprechen kann, ob Mohammed Vafaei aus Afghanistan seinen Traum beschreibt, in dem ihn sein Bett „manchmal ins Meer wirft“ – die Texte sind sowohl leichtfüßig als auch tiefsinnig und wurden von den Autor*innen in der „Fremdsprache“ Deutsch mutig und beherzt vorgetragen. Auch in ihren Herkunftssprachen rezitierten die Männer und Frauen Texte und fragten das Publikum: „Haben Sie mich jetzt verstanden?“ Der Abend folgte einer schlüssigen Dramaturgie zwischen Lachen und Betroffenheit, gab Einblicke in die Gedankenwelt der Autor*innen und ermutigte und ermächtigte diese, ihren Gedanken Ausdruck zu verleihen und sie mit anderen teilen zu können. Sie erhielten viel Beifall und die Gastgeber im „Godot“ sorgten auch noch dafür, dass man anschließend bei einer Tasse Tee noch angeregt. über das Gehörte sprechen konnte.

GEDANKENBALL

​​FR 06. DEZ um 19.30

Lesung mit Teilnehmenden der Schreibwerkstatt, Leitung: Armin Nufer

Die etwas andere Schreibwerkstatt bietet Menschen mit Flucht- und/oder Migrationshintergrund den Raum, ihre Gedanken zu Papier zu bringen, daran zu arbeiten und einem Publikum zu prasentieren.

In der Zeit zwischen Juli und Dezember 2019 trafen sich die Teilnehmenden einmal wochentlich. Zuerst wurden die Themen ausgewahlt, dann Gedanken-Kopfball gespielt, also Texte verfasst, diskutiert, Texte bearbeitet, verbessert. Zuletzt wurda das Vorlesen vor Publikum geprobt. Freuen Sie sich auf ungewohnliche Blickwinkel, spannende oder phantasievolle Geschichten, Gedichte und Sachtexte, und vor allem auf interessante Autorinnen und Autoren.

Es lesen Samira Almoziel, Ibrahim Barry, Débora Conceição, Jwan Mahruy, Ruth Korel, Mohammad Vafaei und weitere Workshopteilnehmende.

Das Projekt wurde ermoglicht durch www.demokratie-leben-in-wiesbaden.de

KARTEN: € 6, kostenlos für Menschen ohne Einkommen, Reservierung unter 0173 – 957 96 56 oder armin_nufer@yahoo.de

VERANSTALTUNGSORT: Literaturhaus Villa Clementine,

Frankfurter Str. 1, 65189 Wiesbaden

VERANSTALTER:

Armin Nufer mit Unterstützung des Literaturhauses

GEDANKENBALL

FR 13. DEZ um 19.30 im GODOT in der Westendstrasse 23

Lesung mit Teilnehmenden der Schreibwerkstatt

Leitung Armin Nufer

Vom Gedanken-Kopfball zum literarischen Text.

Die etwas andere Schreibwerkstatt bietet Menschen mit Flucht- und Migrationshintergrund den Raum, ihre Gedanken zu Papier zu bringen, gemeinsam an den Texten zu arbeiten und sie später zu präsentieren. Freuen Sie sich auf ungewöhnliche Blickwinkel, spannende und phantasievolle Geschichten, Gedichte und Sachtexte, und vor allem auf interessante Autor*innen.

Es lesen Samira Almoziel, Ibrahim Barry, Débora Conceição, Jwan Mahruf, Ruth Koral und Mohammad Vafaei.

Eintitt frei – Keine Reservierung – Wir freuen uns über Spenden

Veranstaltungsort: GODOT, Westendstrasse 23, Wiesbaden

VERFOLGTE SCHRIFTSTELLERINNEN IM EXIL

Prosa, Gedichte und Sachtexte gelesen von Armin Nufer, Lieder und Balladen vorgetragen von Sabine Gramenz und Malte Kühn

DI.26.NOV 19.30 Uhr

Warum verlassen Menschen ihre Heimat, ihre Kultur und gehen in ein Land, dessen Sprache, Mentalitat und Klima ihnen fremd ist? Gerade um das Jahr 1933, aber auch bis in die 1950er Jahre hinein, wurden viele Kunstler geächtet und verfolgt, sodass vielen nur der Ausweg ins Exil blieb. Oft war es das Schreiben, das dieser pragenden Erfahrung ein Ventil gab. An diesem Abend werden Texte unter anderem von Bertolt Brecht, Irmgard Keun, Anna Seghers oder Kurt Tucholsky szenisch vorgetragen.

Ergänzend dazu kann man den Kompositionen von Hanns Eisler, Robert Stolz und Kurt Weill lauschen.

Erlauternde Texte und biografisches Material zu den vorgestellten Kunstlern runden das Programm ab.

KARTEN:

€ 11 / erm. € 9, Reservierungen unter armin_nufer@yahoo.de

oder 0173 – 957 96 56

VERANSTALTUNGSORT:

Literaturhaus Villa Clementine, Frankfurter Str. 1, 65189 Wiesbaden

VERANSTALTER:

Armin Nufer, Sabine Gramenz, Malte Kühn mit Unterstützung des Literaturhauses.

Wir danken Demokratie-Leben-in-Wiesbaden für die großartige Unterstützung des Projekts

Schreibwerkstatt2020-05-29T14:26:22+02:00

Internationale Woche gegen Antiziganismus

AUSSTELLUNG

Der Weg der Sinti und Roma 1.6.2018
Ausstellung im  Wiesbadener Stadtmuseum

Blick in die Ausstellung „Der Weg der Sinti und Roma“ im Wiesbadener Stadtmuseum.

​Von Volker Milch · Foto: Marcel Lorenz

WIESBADEN – Jeder kennt Carmen. Die Figur aus Prosper Mérimées Novelle, die Georges Bizet in seinem Meisterwerk zur popularsten Frau der Oper gemacht hat, gilt als Inkarnation einer wilden, freien „Zigeunerin“, die ihr Liebesleben nicht von sozialen Normen zügeln lässt – und auf Männer eine ziemlich ungesunde Wirkung hat. Ihr begegnet man nun, neben der schönen Esmeralda aus Victor Hugos „Glöckner von Notre Dame“ im Stadtmuseum am Markt, im „Sam“. Dort macht bis zum 24. Juni die Wanderausstellung „Der Weg der Sinti und Roma“ Station. 37 Schautafeln, erläutert Kurator Udo Engbring-Romang bei seiner Eröffnungsfuhrung, die den Weg der Minderheit nach Europa zeigen sollen – und jene „Bilder, die dazu geführt haben, dass sie an den Rand gedrängt wurden“.  Vorurteile, die einen Volkermord möglich machen  Zu den rassistischen Klischees und Vorurteilen, „die einen Völkermord moglich machen können“, gehören letztlich auch die fatalen Frauenfiguren oder die pittoreske Romantik in Nikolaus Lenaus Gedicht „Die drei Zigeuner“. Dieses Trio soll zeigen, wie es in einem Vers heißt, wie man das Leben „verraucht, verschlaft, vergeigt“. Solche „plakativen Bilder“ halten sich hartnackig bis in die Gegenwart. Der Antiziganismus- Experte Engbring-Romang, Marburger Historiker, Politologe und Autor der Ausstellung, verweist bei der Fuhrung auf ihr Fortleben etwa in „Tatort“-Folgen. Die Roma-Frau, die im Fernsehen als Trickdiebin auftaucht, hat eine Vorgängerin auf einem altmeisterlichen Gemalde, das auf einer der Tafeln der mobilen Schau abgebildet wird.  Die Ausstellung des hessischen Landesverbands der Sinti und Roma im „Sam“ eroffnet Wiesbadens erste „Kulturwochen gegen Antiziganismus“. Der Anlass ist die Erinnerung an die Deportation von 119 Wiesbadener Sinti vor 75 Jahren in das Vernichtungslager Auschwitz- Birkenau.  Rinaldo Strauß, stellvertretender Geschaftsfuhrer des Landesverbands, hat am 8. Marz, dem Jahrestag der Deportation, am Mahnmal in der Bahnhofstraße ein „würdiges Gedenken“ erlebt und ist nun froh, wie er im Stadtmuseum sagt, „dass wir es gemeinsam mit der Stadtgesellschaft geschafft haben, ein so umfangreiches und interessantes Programm auf die Beine zu stellen“. Der „Höhepunkt“ der Reihe soll, wie berichtet, am 19. Juni im Staatstheater die Auffuhrung von Roger Moreno-Rathgebs „Requiem für Auschwitz“ sein. „Diese Veranstaltungen sind dafür da“, so Strauß, „um an das Schicksal unserer Menschen zu erinnern“. Sie sollen aber auch deutlich machen, „dass Ausgrenzung zu Diskriminierung, Diskriminierung zu Verfolgung und Verfolgung zu Mord, ja bis zum Völkermord führen kann. Man hat unsere Menschen seit ihrer Ankunft in Deutschland vor 600 Jahren immer wieder zu Zigeunern gemacht.“ Dies sei auch durch Vertreibung und Verweigerung von Ansiedlung geschehen.  Von den deutschen Sinti, so Strauß, habe nur ein Drittel die Todesmaschinerie des Nationalsozialismus überlebt. In der Nachkriegszeit seien die Überlebenden dann wieder massiver Ausgrenzung ausgesetzt gewesen. Solche unheilvollen Kontinuitäten werden in der Ausstellung eindrucksvoll belegt, während sich die Darstellung der Nazizeit und des (erst 1982 anerkannten) Volkermords auf vier Tafeln beschränkt.  Ausgrenzung, so Rinaldo Strauß, präge auch noch die Gegenwart: „Jahrhundertealte Vorurteilsstrukturen“ hätten sich „wie ein kultureller Code“ festgesetzt. Vorurteilsstrukturen könnten nur mit Wissensvermittlung aufgebrochen werden, betont Strauß. Dieses Wissen solle, wie Stadtmuseum-Direktorin Sabine Philipp in ihrer Begrüßung erläutert, in Zusammenarbeit mit der Jugendinitiative „Spiegelbild“, „Demokratie leben“ und anderen Akteuren vor allem auch Wiesbadener Schülerinnen und Schülern vermittelt werden.  Das könnte dazu beitragen, dass sich ändert, was Udo Engbring-Romang während der Führung beklagt: „Sinti und Roma haben sehr wenige Sympathisanten.“ Der Kulturwochen-Eröffnung und ihrer musikalischen Umrahmung (mit dem Gitarristen Christiano Gitano) wurde, wie der Applaus im Stadtmuseum zeigte, schon mal sehr viel Sympathie entgegengebracht.

Internationale Woche gegen Antiziganismus2020-05-29T14:07:27+02:00

Moment mal!

Die seltsame Rechte

„Deutschland rechts außen

– Wie Antidemokraten nach der Macht greifen und was wir dagegen tun können“

mit Matthias Quent“

„Die seltsame Rechte“

„Die seltsame Rechte“ war das Thema eines Vortrags in der Wiesbadener Hochschule RheinMain. Seltsam, weil sich heute jene, die als „rechts“ einstufbar sind, gängigen Einordnungen entziehen: Verschwörungstheoretiker sind unter ihnen, Anhänger neu- und altrechter Parteien, Menschen, die sich auf den ersten Blick dieser politischen Einordnung entziehen wollen und dementieren, dass sie rechtem Gedankengut anhängen. Sie nennen sich „Hand in Hand“, „Gelbwesten“, „Beweg was“, „Frauenbündnis“ oder „Wir sind viel mehr“ und treten seit einigen Monaten im Rhein-Main-Gebiet mit Demonstrationen und „Spaziergängen“ in Erscheinung. Per Live-Stream übertragen sie ihre Veranstaltungen ins Internet und erreichen damit trotz überschaubarer Zahlen bei den tatsächlichen Demonstrationen Tausende durch diese geschickte Nutzung der „sozialen Medien“. Was treibt diese Leute an, wer sind sie und vor allem: Wie sind ihre Verflechtungen? Das ist die Frage, denen die beiden Politikwissenschaftler Fabian Jellonek und Pit Reinesch nachgingen. Sie betreiben „achtsegel“, einen Think Tank gegen rechte Umtriebe im Netz und in der realen Welt. Wer regelmäßig Zeit in den „sozialen Medien“ verbringt, weiß, wie nötig ein Gegengewicht zu Hate Speech, Fake News und der Mobilisierung antidemokratischer Kräfte ist. Die Wiesbadener Initiative „moment mal“, getragen unter anderem von der Martin-Niemöller-Stiftung, hatte die beiden Wissenschaftler eingeladen. Sie haben in den letzten Monaten die Demonstrationen in Wiesbaden und Mainz sowie die Aktivitäten der Organisatoren im Netz angesehen und die Netzwerke identifiziert. Sind die „seltsamen Rechten“ wirklich so harmlos, wie sie tun, sind sie gar die selbst postulierte „neue Mitte“? Schon der Sprachduktus spricht manchmal Bände, vieles nimmt verbreitete Verschwörungstheorien auf, und so manche Gelbweste ist mit fragwürdigen Symbolen „verziert“. Nicht selten treten Redner der NPD oder der Identitären Bewegung in Erscheinung, die unzweifelhaft dem rechtsextremen Spektrum zugeordnet werden können. Auch zur
Pegida- oder Hooligan-Szene gibt es hier oft Verbindungen, die die Politikwissenschaftler in detaillierter Recherche zusammengetragen haben.
Offiziell distanzieren sich manche Veranstalter von „rechtsextremen Themen“, doch Jellounek und Reinesch konnten zeigen, dass sehr wohl personelle und thematische Verflechtungen bestehen, die sie mit zahlreichen Screenshots belegten. Wie man diesem Phänomen entgegentreten könne, wurde aus dem Publikum gefragt. Die Politikwissenschaftler empfahlen, in der Gegenrede auch im Netz nicht nachzulassen, auch wenn es oft zunächst nichts bringe.
Wenn man im Bekannten- oder Familienkreis feststelle, dass jemand in dieses Lager zu wechseln droht, solle man im Gespräch bleiben, denn nahestehenden Personen werde noch am ehesten vertraut und geglaubt. Doch dass die „seltsamen Rechten“ eine ernstzunehmende Gefahr für die Gesellschaft darstellten, sei unbestritten, weil “ sie sich bürgerlich geben, im Verborgenen jedoch rechtsextreme Inhalte propagieren.“ Sie machten geschichtsrevisionistische, antisemitische und rassistische Narrative salonfähig, indem sie eine „Blase“ schaffen, deren Mitglieder den Bezug zur Realität verlieren und in eine rechte Parallelgesellschaft abdriften, nicht selten dienen sie auch als Türöffner zu wirklich extremen Gruppierungen.
Wachsam bleiben, hieße die Devise, so sagte zu Beginn der Veranstaltung auch Georg Habs von „moment mal“: „Demokratie ist nichts für Leisetreter“. In Zeiten wie diesen müsse aktiv dafür eingetreten werden. Das Publikum im voll besetzten Hörsaal der Hochschule quittierte das mit Applaus.

Text und Fotos: Anja Baumgart-Pietsch

die seltsame Rechte

„Die seltsame Rechte“

Rechtspopulistische Mobilisierungen in Wiesbaden und Mainz

mit den Rechtsextremismusexperten Fabian Jellonek und Pit Reinesch

Donnerstag, 13. Juni 2019, 19:30 Uhr, Hochschule RheinMain

(Kurt-Schumacher-Ring 18, Wiesbaden, Gebäude G / Raum 102)

Seit etwa einem Jahr finden in Wiesbaden und Mainz Mobilisierungen statt, die Titel wie ‚Merkel muss weg‘, ‚Beweg Was‘, ‚Hand in Hand‘ oder ‚Gelb Westen‘ und ‚Wir sind viel mehr‘ trugen bzw. tragen. Die tragenden Personen beschreiben sich selbst als politische Newcomer, die „nicht rechts, nicht links“ seien. In ihren schrillen Behauptungen greifen sie jedoch rechte Desinformationskampagnen sowie menschenfeindliche Hetze auf und verbreiten diese. Ihre öffentlichen Auftritte bewegen sich politisch diffus zwischen Rechtspopulismus und Verschwörungsglauben.

Unsere Referenten, die Politikwissenschaftler Fabian Jellonnek und Pit Reinesch, geben Antworten auf Fragen wie:

> Welches Netzwerk von Akteur*innen steht hinter diesen Mobilisierungen? Wie sind sie politisch einzuordnen?

> Auf welche extrem rechten Kampagnen beziehen sich die Mobilisierungen?

> Gibt es Bezüge zu Rechtspopulist*innen in den Parlamenten oder anderen Akteur*innen der extremen Rechten?:

Leitet die Veranstaltung weiter in Ihre/Eure eigenen Kreise und Verteiler, bringt  Freunde mit, teilt die Veranstaltung auf Facebook!

Veranstalter: Initiative Momentmal Wiesbaden! und

Martin-Niemöller-Stfitung Gefördert durch das Bundesprogramm „Demokratie leben“.

Näheres auf beiliegendem Flyer, auf der Website oder auf Facebook:

https://momentmal.org und www.facebook.com/MomentmalWi/

Moment mal!2020-05-29T14:20:39+02:00